Manchmal läuft das Leben ganz anders als man denkt – und ich landete nach einem Sturz in der Notaufnahme und danach auf der chirurgischen Station des Münchner Klinikums rechts der Isar.
Inzwischen habe ich das Krankenhaus wieder verlassen und schreibe diesen Artikel im wahrsten Sinne des Wortes mit links und einem Diktierprogramm. Während meines Aufenthalts im Krankenhaus unterhielt ich meine Twitter Timeline und die Instagram Follower mit Essensbildern. Ein Vergnügen, das ich auch euch nicht vorenthalten möchte.
Mittwoch
Meine Allergien wurde aufgenommen, aber mir wenig Hoffnung auf passendes Essen gemacht. In Hektik wurde der Herr der Cucina gebeten, meine Essenswünsche für den heutigen und den kommenden Tag ankreuzen. Das Klinikum rechts der Isar gehört zur Technischen Universität München, der Universität, an der ich Mathematik studiert hatte. Die Karten machen nicht den Eindruck, auf den neuesten Stand der Technik sein.
Der ausliegende Essensplan:
Kurz vor der OP interessierte ich mich dafür nicht. Wie gewollt, war ich nüchtern. Das Mittagessen verschlief ich im Aufwachraum. Am frühen Nachmittag kam ich aufs Zimmer und knipste den Ausblick vom Bett.
Das Abendessen bestand aus irgendeiner Frischwurst, Vollkornbrot und Joghurt. Ich aß den Joghurt, trank Wasser und schlief meinen Narkoserausch aus. Der Herr der Cucina hatte mir Bananen und Kekse für die Not mitgebracht, beides knabberte ich nachts.
Donnerstag
Langsam meldete sich mein Magen. Das Frühstück kam gegen 8 Uhr. Die Semmeln waren toll, der Kaffee zu stark. Dieses Frühstück sollte das Highlight der kulinarischen Versorgung während meines Aufenthalts sein.
Das Mittagessen bestand aus einer Pilzbulette mit Lauchgemüse. Abgesehen davon, daß schnell klar wurde, daß ich dieses Pflanzerl wegen enthaltener Karotten nicht essen konnte, stank es erbärmlich. Ich ließ es ganz weit wegstellen … und rief den Herrn der Cucina an.
Das Abendessen ließ ich ebenfalls zurückgehen. Der kalte Braten vom Hals war völlig übergart. Der Herr der Cucina rettete mich mit einem Stück Grillhendl von Feinkost Käfer und frischen Brezen.
Karfreitag
An Sonn- und Feiertagen gibt es keine frischen Semmeln, also bestellte ich Weißbrot. Was ich bekam? Zwei Scheiben Toastbrot, aber wirklich von der ganz schlimmen Sorte. Wenn es wenigstens ein Buttertoast von Golden Toast gewesen wäre. Nein, es war schlimm, schlimmer, am schlimmsten. Er bog sich schon, so trocken war es. Ich aß die Reste der Breze vom Abend davor. Und Joghurt mit Honig.
Es war zwar Karfreitag, aber der Schweinebraten auf der Menükarte schien mir noch am hoffnungsvollsten zu sein. Überbackener Fisch oder Pfannkuchen konnte ich mir nicht vorstellen.
Als sich der Deckel vom Mittagessen hob, kam mir eine große Wolke Chemie entgegen. Wahrscheinlich hätte man Chemiealarm ausrufen müssen.
Fleisch und Sauce ließ ich gleich links liegen. Beim bayrischen Kraut hatte ich noch Hoffnung – was sollte man da schon verkehrt machen können. Nennt mich naiv. Auch hier: Chemiekeule.
Ich packte den Deckel wieder drauf … und rief den Herrn der Cucina an. Er brachte mir im Laufe des Nachmittags einen Reissalat mit Schinken, Oliven, Gurke und Tomate, den ich sowohl zum Mittag- als auch zum Abendessen aß.
Meine Bettnachbarin hatte die mit Quark gefüllten Pfannkuchen bestellt. Der Quark war stark gestreckt und eigentlich nur noch eine wässrige Creme. Auch sie liess alles zurückgehen.
Das Abendessen mit “Weißbrot” will ich Euch nicht vorenthalten.
Karsamstag
Ich freute mich schon auf die frischen Semmeln am Samstag, aber leider waren die sehr viel schlechter als unter der Woche. Aber es war ok und genießbar, der Kaffee war nicht mehr so stark – alles in allem ein ordentliches Frühstück. Eine der zwei Semmeln gab ich der Bettnachbarin ab, die Weißbrot (s.o.) angekreuzt hatte. Geteiltes Leid, halbes Leid.
Das Mittagessen bestand aus Karottensuppe (hier im Bild das Tablett der Bettnachbarin), Polenta (JA, DAS ist Polenta!) und Ratatouille. Nachtisch eine Kiwi.
Suppe ging gar nicht, Polenta war “zum Erschlagen”. Und kennt Ihr die Squashbälle, die man erst warm spielen muß? Wahrscheinlich muß man das auch mit dieser Kiwi machen. 95% der Patienten sind sicher schon wieder daheim, bis diese Kiwi in ein bis zwei Wochen eßreif ist.
Ich aß also wieder Joghurt, trank Wasser und schaute Netflix … bis der Herr der Cucina mich am Nachmittag abholen durfte und mir zuhause ein Filetsteak servierte – mit ein paar Pommes.
Resumé
Ja, natürlich ist die ärztliche Versorgung das wichtigste. Und ja, damit war ich sehr zufrieden, auch mit der Pflege.
Jetzt kommt das große Aber:
Wenn es nicht möglich ist, einen multiplen Allergiker im Krankenhaus adäquat ernährungstechnisch zu versorgen, wo soll es denn sonst sein möglich? Natürlich kann das Komponentenessen sein, hier ein paar Nudeln, dort ein Brei, hier eine Brühe.
Und ganz grundsätzlich: Essen trägt zur Heilung bei. Ich erwarte keine Sterneküche, keine Menüs, kein Bio. Aber ich erwarte normales Essen ohne Chemiezusätze. Schmackhaftes, einfaches, leichtes. Kein Bohnen- oder Eiersalat abends, wenn ich 23 von 24 Stunden im Bett verbringe.
Jedes Mensa- und Kantinenessen meines Lebens war besser als das, was ich hier bekommen habe.
Mir graut vor der Zeit, wenn ich einmal längere Zeit ins Krankenhaus muß, wenn ich kein Angehörigen und Freunde habe, die mir Essen vorbeibringen, wenn ich geistig nicht in der Lage sein werde zu verstehen, was auf meinem Teller liegt, oder mir einfach die Mittel fehlen. Hoffentlich wird diese Zeit nie kommen.