Eigentlich sollte man schon einmal darüber schlafen, bevor man sich aufregt. Aber so lange will ich mein altes Hirn nicht belasten. Deshalb: Aus welcher Marketinghölle entstammt denn dieser Buchtitel?
Habemus Pasta – Die Nudelbibel
(99Pages Verlag GmbH Hamburg, 26 Euro)
Ein Rezensionsexemplar davon flatterte ins Haus. Fangen wir mal mit dem Positiven an. Der Leineneinband, die Schnittverzierung in Gold und das Lesebändchen – Daumen hoch, das ist hochwertig. Ob ich jetzt unbedingt bei einem Kochbuch einen Leineneinband brauche, sei mal dahingestellt.
Aber dann, aber dann – dann fällt es ab. Die Seiten im Inneren haben einen unschönen Gelbstich, es wirkt fast, als wären sie vergilbt. Vielleicht soll das so sein, wirkt aber eher dreckig. Die Collagen aus Fotos, die die katholische Kirche in Rom mit der Pasta verbinden, sind weder stilvoll, noch witzig oder irgendwie logisch, sondern geschmacklos und verstörend. Die Mischung aus diesen Collagen und den Fotos zu den Rezepten verwirrt und ergibt ein uneinheitliches Bild. Von einer “Bibel” würde ich doch einen gewissen Umfang erwarten, im Vergleich ist dieses Kochbuch relativ dünn (100 Seiten). Spätestens jetzt hätte ich das Buch wieder in der Buchhandlung zurück ins Regal gelegt.
Es kommt aber noch schlimmer – das Buch ist voller Schenkelklopfer, von denen nicht einer komisch ist; alle Rezepte tragen “pseudo-biblische-lateinische” Namen wie
Lobet den Kern – Gefüllte Nudel mit grünen Bohnen und Portulak
Befleckte Empfängnis – Süße Tagliatelle mit Himbeersorbet
Bis der Sud Euch scheidet – Raviolo mit Brathähnchen im Geflügelsud
Veni, vidi, Venus – Muschelnudeln
Wer’s kaut, wird selig – Schokoladen-Cannelloni mit Feige, Cassis und Haselnusseis
Pasta unser – Zweifarbige Nudelteigblätter mit sanft gegartem Saibling
…
Eigentlich sollte es in diesem Buch um Pasta-Rezepte gehen, und wenn ich mich wirklich, wirklich bemühe, dann lese ich zwischen diesen abschreckenden Fotos und den “witzigen” Bezeichnungen einige interessante Rezepte und Zutatenvarianten, die man ausprobieren könnte – wenn man sich nicht jedes Mal beim Zur-Hand-Nehmen des Buches aufregen müßte. Die Variantionen sind durchweg auf hohem Niveau und bieten manche Herausforderung. Hier wird das, was der Koch sicher mit Liebe zum Detail ausgeführt hat und von den Stylisten auch gut in Szene gesetzt wurde, vom Drumherum eingerissen. Schade.
Ich mach das jetzt so – der Koch Manuel Weyer, Leiter der Johann-Lafer-Kochschule, soll ja nicht völlig untergehen: Ich fotographiere jetzt mit dem Wischphone die interessanten Rezepte ohne Überschrift für mich ab. Und dann schenke ich das Buch weiter – nur wem?
Anmerkung:
Dieses Buch wurde mir kostenlos zur Verfügung gestellt. Ich wurde für diesen Blogpost weder
bezahlt, noch hat man Einfluß auf die Bewertung genommen. Wie in
meinem Impressum hinterlegt, hätte ich auch nicht darüber schreiben
müssen.
Und noch eine Bemerkung in eigener Sache – die auch für die anderen Kochblogger unter meinen Lesern interessant sein könnte: Dieser Blogbeitrag kommt ohne Fotos des Buches aus. Denn es ist dringend abzuraten, eigene Fotos ohne Zustimmung des Urhebers einzubinden, selbst wenn ein explizites Rezensionsexemplar vorliegt.
13 Comments
Julia
Spricht mir 1:1 aus dem Herzen. Die Rezepte (die teilw. echt interessant sind) gehen völlig unter bei dieser blöden pseudo-witzigen Text-Art. Ich werde mein Rezensionsexemplar wohl zurückschicken.
nata
Danke für diesen köstlichen Verriss, ich habe herzhaft gelacht. Vor allem über eine Bibel mit 100 Seiten.
Irene Thut-Bangerter
Na dann! Danke für diese ehrliche Rezension, von aussen hat mich das Buch angesprochen (auf dem Bild) die Titel irritieren mich aber mehr, als das ich sie lustig finden würde.
Liebs grüessli
Irene
...Frau Kampi...
Mich hätte der Buchtitel schon verschreckt. Danke für deine Rezension, so brauche ich das Buch im Buchladen wenigstens nicht mal in die Hand zu nehmen
LG Sandra
bushcook
Vielen Dank, für Deine Rezension. Du hast das geschrieben, was ich mir schon beim Titel gedacht habe und deshalb habe ich bereits im Vorfeld auf das Buch verzichtet.
P.S. Bitte schenke es NICHT mir. Danke :-).
Claus
Himmel hilf!
kaltmamsell
Habemus PastaM! Akkusativ! (Sollen wir zusammen zum Verlag gehen und die Lektorin treten? Heftig?)
maja || moey`s kitchen
Hehe, du sprichst mir sehr aus der Seele!
Sehr gut auf den Punkt gebracht, was ich mir dazu gedacht habe…
Ich möchte es bitte auch nicht haben 😉
Nette Grüße,
Maja
Nathalie
@alle
Danke für Ihre Rückmeldungen und Zustimmungen.
@kaltmamsell
Ich weiß. Ich hatte überlegt, ob ich das schreibe. Aber dann dachte ich, neeee, laß es, hat eh keinen Sinn. 😉
Ja, laß uns gemeinsam frühstücken und danach losziehen zum Treten.
Anonym
Schade, wenn man so gar keinen Humor hat. Aber man sollte auch das ganze Buch lesen. Da steht auch drin, warum auf das M bei Habemus Pasta verzichtet wurde. Meine Lesart ist die: Verreißen um der Show willen!
youreperfect
http://www.beautesse.at/Food/Koestliche-Rezepte/Pennette-Diavolo.html
http://aus-erlesenes-aus-aller-welt.aus-erlesen.de/?p=352
http://www.br.de/nachrichten/papst-pasta-kochen-100.html
Achtung! Lesen gefährdet die Dummheit!
Nathalie
Liebe anonyme Kommentatoren,
wie immer gibt es verschiedene Meinungen zu ein und dem selben Produkt, das ist legitim. Leider spiegeln übernommene Pressetexte (siehe die drei angegebenen Links) keine individuelle Meinung sondern nur kommerzielles Interesse wieder.
Gruß N.
Nathalie
Lieber anonymer Kommentator,
(es scheint ja nur einer zu sein)
ich verweise noch mal auf "Leben und Leben lassen" und "verschiedene Meinungen gelten lassen".
Anschuldigungen und Beleidigungen werden hier aber gelöscht.
Gruß N.