Also, das wird jetzt eine Story von hinten durch Brust, bei der am Ende eigentlich nur eine einfache Salatplatte steht. Wer also nur Rezepte lesen möchte – morgen wieder reinklicken. Der Rest kann mich auf eine Reise in die Vergangenheit begleiten.
Damals, als ich mit meinen Eltern in Augsburg in einer Wohnanlage wohnte, in deren Mitte ein großer Spielplatz war, über die Jahre eine Gruppe von Kindern miteinander groß wurde, am Anfang sandelte, später tage- und halbe Nächte Tischtennis spielte, mit dem Radl im Sommer zum Baden oder in die nahe Eisdiele fuhr … damals faßten wir den Entschluß gemeinsam ins Kino in die Innenstadt zu fahren und danach eine Pizza essen zu gehen.
(Die Jugend von heute darf gerne darüber lächeln, aber damals waren wir noch sehr brav – mit 14 – und so ein “Ausflug” war etwas besonderes).
Wir haben uns – selbst die wilden Kerle in der Gruppe – alle hübsch gemacht und einen netten Spätnachmittag gehabt. Warum wir genau in diese Pizzeria gegangen sind, weiß ich nicht mehr. Ich jedenfalls kannte sie vorher nicht.
Die Pizza hat mich aber so überzeugt, daß ich gleich darauf meine Eltern mitschleppte … und dann waren wir rund 20 Jahre oft, zu manchen Zeiten fast wöchentlich dort, meist Sonntagabend.
Carmelo, seine Schwester Enza sowie der Bruder Giovanni machten abwechselnd den Service, ein Bruder war mit einer Hilfe in der Küche, die sieben Tische waren meist voll.
Der Herr der Cucina wurde natürlich, nachdem wir uns kennengelernt hatten, auch infiziert und “die Hälfte” meiner Münchner Studienkollegen war schon da. Vor den jährlichen Pressebällen (DAS gesellschaftliche Ereignis Augsburgs, für uns aber vorallem eine tolle Gelegenheit, mal wieder zu Studienzeiten zu tanzen – über Beziehungen der Eltern kamen wir an Karten) waren wir dann zusammen mit Freunden auch im Abendkleid in dieser Vorstadtpizzeria, was Carmelo und seine Schwester immer unglaublich freute.
Mit unserem Wegzug nach München waren wir natürlich nicht mehr so oft zu Gast, trotzdem aber immer mal wieder.
Leider starb Carmelo vor gut fünf Jahren und damit war die Seele des Lokales gegangen. Inzwischen gibt es die Pizzeria “da Tino” leider nicht mehr.
Und somit auch nicht das Ritual, daß wir vor den Pizzen immer die große Salatplatte bestellt haben, die in der Größe je nach Mitesserzahl variierte und immer in der Mitte des Tisches ihren Platz fand … so wie am Samstag bei uns zuhause: Kopfsalat, Tomaten, Gurken, Oliven, Kapern, gekochter Parma-Schinken, gekochte Eier.
Leider jetzt nicht mehr:
Pizzeria da Tino
Jakoberstraße 54 a
86152 Augsburg
Telefon 0821 – 51 84 54
Ruhetag Mittwoch
Und jetzt bin ich bei der Brust angekommen. Schluß!
10 Comments
lamiacucina
ohne die schöne Geschichte hätte die Salatplatte nur halb so gut geschmeckt.
nata
Herrlich, wenn ein bestimmtes Gericht mit so einer Geschichte verbunden ist. Ein weiterer Grund,weshalb Essen sowas Tolles ist.
Anonym
So eine 'Kindergang' und die schönen Erinnerungen daran hatte und habe ich auch. Bis in eine Pizzeria haben wir es nicht geschafft, aber dafür hatten wir einen dollen Imbiß. 😉 Aber die Salatplatte spricht mich heute eindeutig mehr an.
VG,
Claudi
Petra
Ich mag solche Geschichten, mehr als Rezepte. Wobei so ein gemischter "italienischer" Salat wohl ein Zugeständnis an den deutschen Geschmack ist, in Italien bekommt man so etwas nicht in den Restaurants, wenn ich mich da richtig erinnere. Aber vielleicht wissen die Italiener gar nicht, was sie da verpassen? *g*
kaltmamsell
Ha! In diesem Haus über der Pizzeria wohnte ein sehr guter Freund und Kommilitone. Und genau dort erlebten wir an einem Sonntagabend das aufgerezelte, heimische ältere Paar, dem vom Kellner die Pizza (!) mit dem üblichen "Prego!" serviert wurde. Woraufhin der männliche Part strahlend antwortete: "Grazio!"
Nathalie
@lamiacucina
Neee, die schmeckt auch ohne – aber als Blogbeitrag zu langweilig.
@kaltmamsell
Wie Du weißt, sind Augsburger sehr international und weltmännisch! 🙂
gooogix
Ich hab noch ein Bild von uns beiden Tischtennismeistern in besagtem Innenhof… wenn ich's finde, scanne und schick ich Dir's 🙂
Nathalie
@gooogix
Ach herrje – wie alt waren wir denn da?
MJ
Hallo Nathalie,
ich finde es schön, dass Du dieser kleinen, charmanten Pizzeria ein digitales Denkmal gesetzt hast. Wir waren in den 80er und 90er Jahren ebenfalls öfter zu Gast und ich habe beste Erinnerungen daran.
Nathalie
Ach, das ist schön, dass sich noch jemand an Da Tino erinnert..
LG!